Vom Landwirt zum Energiewirt
Im niedersächsischen Lüder wird derzeit ein innovatives Projekt zur nachhaltigen Energieversorgung realisiert: Die Mielmann Nahwärme GbR unter Leitung von Arne-Heinrich Mielmann will Teile der Gemeinde mit umweltschonender Wärme beliefern. Mielmann, ursprünglich Kartoffelbauer, betreibt zusätzlich ein Bauernhofhotel und ein Hofcafé und hat seine Aktivitäten erfolgreich um den Energiesektor erweitert.
Aus einem klassischen Landwirtschaftsbetrieb ist durch kreative Ideen und zukunftsorientierte Konzepte ein vielseitiges Unternehmen entstanden, das Gäste und die lokale Bevölkerung mit Wärme versorgt. Mit dem Aufbau eines Nahwärmenetzes und dem Bau einer weiteren, leistungsstärkeren Biomasseheizung setzt Mielmann ein deutliches Zeichen für eine nachhaltige Energiewende im ländlichen Raum.

Herzstück des Wärmenetzes in Lüder
Die RHK-AK 800 Biomasseheizung auf dem Hof Mielmann in Lüder versorgt 50 Wohnobjekte und ein Seniorenheim.
Projektbeschreibung
Im Zentrum des Projekts steht die RHK-AK 800 Anlage, eine moderne Biomasseheizung, die Arne-Heinrich Mielmann gemeinsam mit einer bereits seit fünf Jahren erfolgreich betriebenen RHK-AK 500 Anlage auf seinem Gelände installiert hat. Die 500 kW-Anlage versorgte in dieser Zeit über ein kleines Nahwärmenetz mehrere angrenzende Gebäude zuverlässig mit Wärme. Aufgrund der durchweg positiven Betriebserfahrungen und der hohen Qualität der Komponenten entschied sich Mielmann, das System mit der 800 kW-Heizung zu erweitern und sein Angebot auszubauen.
Das gesamte Nahwärmenetz erstreckt sich über etwa 1,6 Kilometer und versorgt 50 naheliegende Wohnobjekte sowie ein Seniorenheim mit 58 Bewohnerplätzen mit umweltfreundlicher Wärme. Die Heizzentrale auf dem Hof Mielmann erzeugt die Wärme und leitet sie über unterirdische Fernwärmeleitungen an die angeschlossenen Haushalte und Einrichtungen weiter. In jedem Gebäude sorgen installierte Wärmeübergabestationen dafür, dass die Wärme sicher in das jeweilige Heizsystem gelangt und die Räumlichkeiten zuverlässig beheizt werden.

Der Brennstoffbunker
Mit CO₂-neutralen Brensstoffen wie Hackschnitzeln spart die Anlage im Vergleich zu fossilen Brennstoffen ca. 286 Tonnen CO₂ ein.
Technische Details der Anlage
Die technologische Ausstattung des Nahwärmeprojekts in Lüder spiegelt den hohen Anspruch an Effizienz, Nachhaltigkeit und Zuverlässigkeit wider. Im Mittelpunkt steht die Heizomat RHK-AK 800 Biomasse-Heizanlage. Diese Anlage ergänzt die bereits bestehende RHK-AK 500 Anlage und ermöglicht gemeinsam eine erweiterte Wärmeversorgung für die Gemeinde.
RHK-AK 800 Biomasse-Heizanlage:
Leistung: Die Anlage verfügt über eine Nennwärmeleistung von 800 kW, was eine erhebliche Steigerung der Wärmekapazität bedeutet und auch die zukünftige Versorgung zusätzlicher Haushalte und Einrichtungen möglich macht.
Brennstoff: Konzipiert für die Verbrennung von Holzhackschnitzeln, kann die Anlage verschiedene Qualitäten von Biomasse verarbeiten, einschließlich Strauchschnitt auch Knick genannt, der beim regelmäßigen Pflegeschnitt der Sträucher und Hecken anfällt. Aber auch schnell nachwachsenden Rohstoffen wie Miscanthus oder klassische Holzhackschnitzel unterschiedlichster Güteklassen und Größen können in dem robusten Kessel verbrannt werden. Dies gewährleistet eine flexible Brennstoffversorgung und unterstützt die Nutzung lokaler Ressourcen.
Rauchgasreinigung: Ausgestattet mit einem Heizoclean EF 185 und einem Multizyklon, gewährleistet die Anlage eine effektive Rauchgasreinigung. Diese Technologien reduzieren Schadstoffemissionen erheblich und stellen die Einhaltung strenger Umweltstandards sicher.
Aschekette: Die patentierte Aschekette von Heizomat bietet eine effiziente Ascheentleerung und sorgt für einen reibungslosen Betrieb, indem sie die Asche, aber auch Schlacke oder Fremdkörper zuverlässig abführt und so Betriebsstörungen minimiert.
Ascheentsorgung: Eine 750 Liter fassende Aschetonne sammelt die Verbrennungsrückstände und lässt sich mit einem Gabelstapler oder Frontladeraufnahme herausfahren und entleeren. Das vereinfacht die Wartung und unterstütz den reibungslosen Betrieb der Anlage.

Technische Planung
Heizzentrale:
Bauweise: Die neue Heizzentrale wurde speziell für die Aufnahme der RHK-AK 800 Anlage errichtet. Sie beherbergt neben dem Kessel auch den frei stehenden Edelstahlschornstein, der für die sichere Ableitung der Rauchgase sorgt.
Brennstofflager: Auch der Brennstoffbunker für die ca. 15 Tonnen Holzhackschnitzel findet seinen Platz in der neuerrichteten Halle.
Pufferspeicher: Ein liegender Großpufferspeicher mit einem Volumen von 22.500 Litern dient der Speicherung überschüssiger Wärme.

Die Heizzentrale
Die neugebaute Heizzentrale bietet Platz für Brennstoffbunker, Kesselraum und den großen, liegenden Pufferspeicher.
Fernwärmenetz und Infrastruktur:
Leitungen: Über 1,6 km unterirdische Fernwärmeleitungen wird die erzeugte Wärme an die angeschlossenen Objekte verteilt. Die Verlegung erfolgte in diesem Fall koordiniert mit dem Ausbau des Glasfasernetzes und in Abstimmung mit den lokalen Behörden, um die baulichen Eingriffe zu minimieren.
Wärmeübergabestationen: In jedem der 50 angeschlossenen Objekte sowie im Seniorenheim wurden vom örtlichen Heizungsbauer Wärmeübergabestationen installiert, die für die kontrollierte Übergabe der Wärme sorgen.
Backup-System: Um eine kontinuierliche Wärmeversorgung sicherzustellen, wurde ein Notheizsystem integriert, das bei eventuellen Ausfällen des Hauptkessels einspringt.
Die Kombination dieser technischen Komponenten ermöglicht eine zuverlässige Wärmeversorgung für die Gemeinde Lüder. Die sorgfältige Planung und Umsetzung stellen sicher, dass die Anlage den aktuellen und zukünftigen Anforderungen gerecht wird und gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zur lokalen Energiewende leistet.

Wie dezentrale Nahwärmenetze und eine nachhaltige Energieversorgung mit Hackschnitzelheizungen den ländlichen Raum stärken und zukunftssichere Chancen für Landwirte bieten.
Nachhaltigkeit und Umweltaspekte
Projekte wie das Wärmenetz in Lüder setzen Maßstäbe in puncto Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Durch den Einsatz moderner Biomassetechnologie und einer durchdachten Infrastruktur leistet das Projekt einen bedeutenden Beitrag zur Reduktion von CO₂-Emissionen und zur Schonung fossiler Ressourcen.
Die Nutzung eines 22.500 Liter fassenden Pufferspeichers ermöglicht eine optimale Verwertung der erzeugten Wärme. Spitzenlasten, wie sie morgens auftreten, können so abgefangen und Energieverluste minimiert werden. Dies steigert die Effizienz der Anlage und reduziert den Brennstoffverbrauch und damit verbundene Emissionen.
Laut EU und RED III gilt Holz bei nachhaltiger Nutzung als CO₂-neutral und liefert als regenerativer Brennstoff in Biomasseheizungen und BHKW’s einen wichtigen Beitrag zur Energiewende. Im Vergleich zu konventionellen Heizmethoden, die auf Öl oder Gas basieren, spart die Anlage jährlich 286 Tonnen CO₂, was den ökologischen Fußabdruck der Gemeinde deutlich verringert. Zudem sorgt ein mehrstufiges Filtersystem in der Anlage dafür, dass die Feinstaubemissionen deutlich unter die gesetzlichen Grenzwerte sinken.
Dank die Wärmeversorgung der 50 Haushalte und des Seniorenheims über die zentrale Biomasse-Heizanlage, außerdem entfällt die Notwendigkeit, in den angeschlossenen Haushalten regelmäßig Heizungen auszutauschen. Dies spart nicht nur Kosten, sondern reduziert auch den Ressourcenverbrauch, der mit der Herstellung und Entsorgung von Heizsystemen verbunden ist.
Wirtschaftlichkeit für beide Seiten: Stabile Preise & neue Einnahmequellen
Das Nahwärmeprojekt in Lüder überzeugt durch seine vielen Vorteile – sowohl für angeschlossene Haushalte als auch für Betreiber wie Arne-Heinrich Mielmann:
Für Kunden:
Mit einem festen, vertraglich geregelten Wärmepreis über viele Jahre bietet das Netz Planungssicherheit – trotz leicht höherer Kosten als bei fossilen Energien. Haushalte sparen langfristig, da teure Heizungstechnik- und Wartungskosten entfallen und durch den CO₂-Preis mit einem deutlichen Anstieg der Brennstoffkosten bei fossilen Energieträgern in den kommenden Jahren zu rechnen ist. Weiterhin macht die Nutzung regionaler Brennstoffe wie Hackschnitzel unabhängig von Öl- und Gaspreisschwankungen.
Für Landwirte/Betreiber:
Das Projekt zeigt: Nahwärme ist ein lukratives Standbein. Durch den Verkauf von Wärmeenergie und die Nutzung eigener Flächen und Wälder entstehen stabile Zusatzeinkommen. Das Interesse ist groß – wie die gut besuchte Infoveranstaltung mit über 60 Teilnehmern bewies. Landwirte können so aktiv die Energiewende gestalten und gleichzeitig ihre Höfe zukunftssicher aufstellen.
„Als Landwirt hat man heute die Chance, nicht nur Nahrung, sondern auch Energie zu produzieren – das schafft Perspektiven für ganze Regionen.“ Arne-Heinrich Mielmann
Veranstaltung zeigt großes Interesse – Landwirte als Energiewende-Pioniere
Das innovative Nahwärmekonzept von Hof Mielmann findet immer mehr Nachahmer. Bei einer gut besuchten Infoveranstaltung informierten sich über 60 Landwirte, Kommunalvertreter und Energieinteressierte über die praktische Umsetzung. Die Teilnehmer erhielten vor Ort Einblicke in die beiden Biomasse-Heizanlagen (500 kW und 800 kW) sowie das angeschlossene Wärmenetz.
Vor allem Landwirte zeigen großes Interesse, denn das Modell bietet attraktive Vorteile. So entsteht durch die Nutzung eigener Flächen und Wälder eine regionale Kreislaufwirtschaft. Allerdings ist die Umsetzung auch ohne eigenen Wald oder Brennstoffquellen möglich und wirtschaftlich. Viele Betreiber setzen stattdessen auf zugekaufte Holzhackschnitzel aus der Region oder über Genossenschaften – ein Modell, das regionalwirtschaftliche Impulse setzt und zugleich Transparenz für Endverbraucher schafft.
Darüber hinaus erfüllt das Konzept die Anforderungen der kommunalen Wärmeplanung und bietet eine zukunftssichere Alternative zu fossilen Heizsystemen – mit einer politisch gewollten Perspektive. Fachleute, Planer und das Team von dp Energietechnik standen für konkrete Umsetzungsfragen vor Ort zur Verfügung.
Insgesamt machte die Veranstaltung deutlich: Was in Lüder erfolgreich umgesetzt wurde, kann auch anderen landwirtschaftlichen Betrieben als Blaupause für die eigene Transformation dienen.

Großes Interesse bei Energieinteressierten
Rund 60 Landwirte und Kommunalvertreter informierten sich in zwei Gruppen vor Ort über die Anlage und nahmen an Fachvorträgen teil.
Fazit
Das Nahwärmeprojekt in Lüder zeigt schön, wie nachhaltige Energieversorgung erfolgreich umgesetzt werden kann. Durch die Kombination aus moderner Technik, regionaler Ressourcen und guter Planung wurde ein nachhaltiges und gleichzeitig wirtschaftliches System geschaffen. Mit der RHK-AK 800 Anlage und dem Wärmenetz wurden 50 Objekte versorgt, die nun unabhängig von fossilen Brennstoffen sind und langfristig von stabilen Energiekosten profitieren.
Das Projekt ist nicht nur eine lokale Erfolgsgeschichte. Die große Nachfrage nach der Infoveranstaltung beweist: Immer mehr Landwirte wollen vom Nahrungsmittel- zum Energieerzeuger werden. Auch von Seiten der Bevölkerung wächst das Interesse an Nahwärmelösungen. Mit moderner Biomasse-Technik, klugen Förderstrategien und regionalen Partnerschaften kann die Wärmewende im ländlichen Raum gelingen – ökologisch, wirtschaftlich und sozial.













